"Weniger die Kleidung. Mehr die Einstellung."

Jagdreiter-Knigge

Der Begriff Stil geht in diesem Zusammenhang einher mit der Art und Weise etwas zu tun und welche Haltung man zu jener Sache hat.
Für mich sind dabei folgende Punkte entscheidend, die immer ein Gesamtbild - nicht zuletzt unseres Sportes - transportieren:


  1. Training von Pferd und Reiter
  2. Werte eines Jagdreiters
  3. Kleidung eines Jagdreiters
  4. Verhaltensregeln eines Jagdreiters (wird ergänzt)



1. Training von Pferd und Reiter

Ein für die Schleppjagd bestmöglich trainiertes Jagdpferd ist die Grundvoraussetzung, um diesen Sport in vollen Zügen genießen zu können. Es beeinflusst den Stil des Jagdreiters ebenso wie dessen Auftreten und Verhalten.

Unter diesem Gesichtspunkt sollte das eingesetzte Jagdpferd vielseitig trainiert werden.
Folgende Punkte zahlen sich aus:


  • Springgymnastik
  • dressurmäßiges Gymnastizieren
  • Training im Gelände
  • Training auf unterschiedlichen Böden
  • Training in der Gruppe
  • Training an festen Hindernissen


Reiter, die ihr Jagdpferd richtig vorbereiten, sind selbst in Form! Der trainierte Hunter trägt uns zuverlässig über Stock und Stein. Er sorgt mit seinem Geschick und Vertrauen in den Reiter dafür, dass dieser einen schönen Jagdtag erleben kann. Daher kommt dem Jagdpferd eine ebenso große Bedeutung, wie dem Jagdreiter zu.
Folglich gehört für mich das eingeflochtene Pferd am Jagdtag - in jedem Falle während der gesamten Hauptsaison - dazu.

Auf der Webseite der Berkeley Hunt ist unter "Etiquette" zu lesen, woraus ich aus Absatz 5 zitiere:
"Horses shall be well turned out with manes and tails plaited from the start of Hunt Season!" - Pferde sollten mit Beginn der Saison zu den Meets herausgeputzt werden, in dem Mähne und Schweif eingeflochten sind.


2. Werte eines Jagdreiters. Die Sensibilität der jagdlichen Umwelt.


  • Wertschätzung gegenüber den Meutebetrieben
  • gegenüber den Jagdveranstaltern
  • gegenüber den Jagdhornbläsern
  • sich auf Augenhöhe mit Jagdpächtern
  • und Landeigner begeben
  • deren Flächen und Reviere achten
  • Achtung und Wertschätzung gegenüber Hounds & Jagdpferden 



3. Kleidung des Jagdreiters

Der Jagdsport ist traditionsreich und beruht auf Brauchtum. Vor allem auf Funktionalität. Jedes Kleidungsstück hat seinen Sinn. An erster Stelle schützt sie vor Schmutz, Dornen, Ästen, Steinen, Wind, Wetter und Kälte.
Zu Recht fragen sich viele: Was ist eigentlich die richtige Kleidung zum Jagdreiten?

Es geht - in der natürlichen Form - um einen Natursport nasskalter Jahreszeit. Robustes Material muss eingesetzt werden, um den Reiter zu schützen und zu wärmen.
"Chic sein" ist ein Nebeneffekt, der heute gerne der Funktionalität vorgezogen wird. So scheint es mir jedenfalls. Leider.

Hält man sich an die Ordnung typischer Jagdkleidung, sieht man automatisch elegant und richtig gekleidet aus. Sie ist schlicht, aber funktional und kommt ohne zusätzliche Applikationen, Glitzer, Knöpfchen oder schillernde Muster aus! Auffallen wollen, oder abstrakte Individualität sind folglich nicht gefragt.

Was ziehe ich zur Schleppjagd an?

Unterschieden wird zwischen "offizieller" und "nicht offizieller" Jagdzeit, woraus sich die Differenz der Kleidung ergibt.

Jagdkleidung zur - offiziellen Jagdzeit - der Hauptsaison im  Herbst und Winter:

  •  beige/weiße unifarbene Reithose
  • schlichter Jagdrock in gedeckter Farbe
    (blau, grün, braun, schwarz)
  • unifarbenes Plastron in beige oder weiß
  • heller Handschuh
  • dunkle Reitkappe
  • schwarzer Stiefel (Dame)
  • schwarzer oder Stulpenstiefel (Herren)
  • Weste
  • Der Jagdrock ist am Revers von Knöpfen befreit.
    Mehr dazu hier
  • Weshalb das karierte Plastron der Hauptsaison nicht zugeordnet wird?
    Mehr dazu hier
  • Der schwarze Stiefel wird von der Dame/dem Herren getragen, der Stulpenstiefel ausschließlich vom Herren.
    Mehr dazu hier
  • Braune Stiefel sind dem Tweed der Nebensaison zugeordnet, da sie kein Bestandteil der Jagdkleidung zur Hauptjagdzeit sind. Man sagt, dass sie "part of the informal attire" sind.


Jagdkleidung zur Nebensaison im Frühjahr und Sommer:

Die Nebensaison wird unter anderem genutzt, um junge Hunde und Pferde zu trainieren und an den Jagdbetrieb zu gewöhnen.
Im Gegenzug zur Hauptsaison wird hier nicht "aktiv gejagt", weshalb keine "schwere" Jagdgarderobe von Nöten ist.

Hierzulande gibt es Frühjahrsjagden, Sommer- oder Heuschleppen, die diesen Zweck erfüllen.

  • kariertes Plastron oder
  • jagdliche Krawatte
  • Tweedjacket
  • Handschuh creme, gelb oder dunkel
  • brauner oder schwarzer Stiefel
  • kein Stulpenstiefel
  • dunkler Helm
  • Weste
  • helle oder dunkle Reithose in jagdlich gedeckter Farbe
    (z.B. braun bei Cord)


Die Kleidung zur Nebensaison soll sich von der der Hauptsaison unterscheiden. Daher  sind zur Nebensaison die Krawatte oder das karierte, anstelle des unifarbenen, weißen Plastrons, üblich. 

Der rote Jagdrock dient mit seiner Signalfarbe zur "Kommunikation" unter denjenigen, die das Jagdgeschehen beeinflussen. Dies ist die Equipage, in England Hunt Staff gennant.
Um unter der Vielzahl reitender Jagdteilnehmer auch über Distanz die Meutekollegen ausmachen zu können, tragen sie den roten Rock. Es sei denn, die jeweilige Meute hat ein anderes Tenue, also eine andere "Uniform", oder jagen hinter einer Laufhunderasse wie dem Beagle. (Blog-Beitrag dazu folgt).

Hierzulande wird "rot" verliehen. Leider greifen Reiter auch einfach so zum roten Jagdrock. Manche Reiter, die weder eine Funktion im Feld noch in der Equipage ausüben, setzen ebenfalls auf diese Farbe. 
Nur durch das Tragen eines roten Rockes ist der Träger nicht automatisch ein "Jagdreiter". Anders gesagt - der Besitz eines Jagdscheins, macht den Jäger nicht zum Waidmann! Mehr zum Roten Jagdrock gibt es im Blogbeitrag „Roter Rock“ zu lesen.

 

4. Verhaltensregeln vor, während und nach der Jagd

Jagdreiten ist kein ungefährlicher Sport. Neben Verhaltensregeln abseits des Pferdes und dem Brauchtum gegenüber, sind gerade die besonders wichtig, die die eigene, aber auch die Sicherheit anderer gewährleisten.


Vor der Jagd

  • Training von Pferd und Reiter
  • Sattel- und Lederpflege
  • funktionierende Ausrüstung
  • geputzte Stiefel und geputztes Equipment
  • saubere und gebügelte Jagdkleidung
  • pünktliches Eintreffen am Stelldichein in Jagdkleidung
  • keine Sporen beim Stelldichein
  • unaufgeforderte Begrüßung beim Jagdherren, dem Master und weiteren Offiziellen
  • unaufgeforderter Eintrag ins Jagdbuch
  • unaufgefordertes Bezahlen des Jagdgeldes
  • rechtzeitiges Satteln
  • je nach Witterung Abschwitzdecken für den Stopp in ein Begleitfahrzeug legen
  • Schleife im Schweif bei jungem, unerfahrenen Pferd und möglichst am Ende des Feldes einreihen
  • Schleife im Schweif des Pferdes, wenn dieses tritt und möglichst am Ende des Feldes einreihen
  • ausreichendes Abreiten des Pferdes
  • den Meutewagen im Blick halten
  • der Meute Platz machen
  • ab Eintreffen der Meute Schritt reiten
  • der Meute nie den Rücken zuwenden (Trittgefahr des Pferdes nach einem Hund)
  • Herren ziehen die Kappe, wenn die Meute auf den Platz kommt
  • ausreichend Abstand zum Vorder- und Nachbarpferd
  • Acht geben, wer die Feldführung übernimmt
  • sich in das richtige Feld einreihen
  • auf den Jagdruf "Horrido" mit "Joho" antworten


Während der Jagd

  • Abstand zum Vorderpferd zu jeder Zeit
  • vorausschauend reiten
  • beim Anlegen der Meute bleibt man stumm
  • verliert die Meute die Fährte und sucht, behält man ebenfalls die Ruhe
  • Strich reiten vor dem Hindernis
  • bei Verweigerung nicht erneut anreiten (Gefahr für andere), im Jagdfeld einreihen
  • bleiben Hunde zurück, ist dies zu melden bzw. nach vorne in Richtung Meute weiterzugeben
  • die eingenommene Position halten, nicht überholen, schon gar nicht vor dem Sprung
  • möchte man an einem Pferd während der Schleppe vorbei reiten, so fragt man vorab den Reiter und kündigt dies somit an
  • lautstarkes Jubeln vor Freude in Maßen, lieber auf das sichere Reiten und die "jagende" Umwelt konzentrieren
  • Absitzen beim Stop erst, wenn durch Master freigegeben
  • am Ende der letzten Schleppe ziehen Herren den rechten Handschuh
  • am Ende der letzten Schleppe ziehen Herren die Reitkappe
  • am Ende der letzten Schleppe wird per Handschlag vom Pferd aus "Halali-Halali" gewünscht
  • zur Currée ziehen die Herren ebenfalls den rechten Handschuh und ziehen die Reitkappe
  • zur Currée werden die Pferde mit dem Kopf zur Meute gestellt (Trittgefahr für Hunde)
  • bei der Bruchübergabe bedankt man sich mit "Waidmannsdank"
  • wenn man direkt im Anschluss bereits fahren muss, gerne noch bei der Bruchübergabe beim Jagdherren und dem Master für den Tag danken und sich verabschieden
  • erst den Platz verlassen, wenn die Meute aufbricht


Nach der Jagd

  • Verpflegung des Pferdes
  • Verladen des Pferdes
  • Sporen ausziehen
  • über die Stiefel putzen
  • zum Jagdessen gehen
  • sich beim Veranstalter, Master & Equipage und den Bläsern bedanken
  • nach der Jagd ist vor der Jagd




Schloss Gesmold 2019 (Foto: Privat)